MCM Ultra Tobias Schulte läuft 91. Marathon in Mumbai Indien

MCM-Ultra-Läufer Tobias Schulte läuft im MCM Trikot bei extremen Bedingungen den Mumbai Marathon. Sein eindrucksvoller Bericht gibt einen tiefen Einblick in das in Indien Erlebte:

„Schon vor einigen Monaten hatte ich geplant meinen 91. Marathon in Mumbai zu laufen. In Indien war ich noch nie und dieses Land sollte später auf keinen Fall in meiner Marathonliste fehlen. Mumbai wurde der abenteuerliche Auftakt zu meinen letzten 10 Marathonläufen bis zur 100er Schallmauer.

Es war ein kurzer aber unvergesslicher Ausflug in eine fremde Welt. Samstagmorgens um 3.00 Uhr kam ich im Hotel an, Zeit genug um erstmal viel zu schlafen. Der Samstag blieb mir dann, um mich zumindest etwas auf das Klima einstellen zu können. Zu Hause waren es 3 Grad, in Mumbai um 10.00 Uhr morgens bereits knapp 30 Grad bei sehr trockener Luft. Der Startschuss zum Marathon sollte am Sonntag um 05.30 Uhr fallen, also um 01.00 Uhr deutscher Zeit. Die Rahmenbedingungen waren somit natürlich anspruchsvoll. Überall in der Stadt wurde mit nicht zu übersehender Plakatierung auf den Marathon hingewiesen. 47.000 Läufer, zumeist lokale Läufer, waren für unterschiedlichste Läufe registriert. Knapp 8.000 waren für den Marathon angemeldet.

Dank einer kleinen aber top organisierten Marathonmesse verlief die Startnummernabholung sehr zügig. Ich besichtigte noch kurz ein paar Streckenabschnitte und konnte mir nicht vorstellen, wie man es schaffen sollte, diese Straßen am morgigen Tag für Läufer rechtzeitig abzusperren. Mumbai, eine Stadt die im Verkehrschaos und im Schmutz zu versinken scheint, zeigte mir hier das erwartete Gesicht.

Nach 3 Stunden Schlaf ging es mit dem Taxi zum Start. Nach deutscher Zeit war es nun 23.00 Uhr, ich war erstaunlich wach. Dann folgte, was ich niemals erwartet hätte. Eine Marathonorganisation, wie sie eigentlich kaum besser hätte gemacht werden können. Nicht umsonst fällt der Mumbai Marathon in die IAAF Gold-Label Kategorie. Schon weit vor dem Startplatz wurde ich von einem der vielen freundlichen jungen Helfer im perfekten Englisch in Empfang genommen und gefragt, ob man behilflich sein könnte. Die Läufer wurden auf ein riesiges Gelände, was sonst der indischen Sportart Nr. 1 dem Kricket dient, geführt. Große Beschriftungen bei Scheinwerferbeleuchtungen machten es mir auch bei der noch herrschenden Dunkelheit leicht die erforderlichen Zelte zu finden. Alles erstklassig organisiert. Die Straßen wurden für die Läufer vorab noch extra gesäubert, der Verkehr weitläufig umgeleitet. Wo gestern noch hunderte Autos, Händler, Tiere über die Straße liefen, war nun alles vorbereitet für den Marathonlauf.

Es herrschte eine gespenstige Ruhe als pünktlich um 05.30 der Startschuss an der berühmten „Victoria Railway Station“ fiel. Täglich fahren von diesem Bahnhof ca. 3 Millionen Menschen bzw. bis zu 1000 Züge. Andere Dimensionen, die nur schwer greifbar sind. Es waren bereits über 20 Grad und mein MCM Trikot schon nach 1km verschwitzt. Ich merkte recht schnell, dass mir die Wärme und die gefühlt rauchig-trockene Luft im Verlauf des Rennens noch ziemliche Probleme machen würde. Zunächst ging es lange an der Küstenstraße entlang, dann hinauf auf den sogenannten „Skylink“, im Grunde Mumbais Golden Gate Bridge. Von hier hatte man einen tollen Blick auf die beleuchtete Stadt. Mumbai, die Stadt die niemals ruht, wirkte von hier beinahe ruhig. Die Sonne ging bei KM17 auf. Ein roter Feuerball, schön anzusehen, aber gleich würde er gnadenlos auf uns herunterbrennen. Bei KM23 entschied ich mich, das Tempo rauszunehmen. Ich hatte geplant, nach 3h40m anzukommen; bis KM23 lag ich zeitlich auch im Limit, aber die Kräfte ließen schneller als gedacht nach. Es war sehr warm, mittlerweile knapp 30 Grad, schwarzer glühender Asphalt, kein kühlender Wind und irgendwie schlug nun auch die Müdigkeit etwas durch. So entschied ich mich, nicht mehr auf die Uhr zu gucken und lieber die Eindrücke aufzusaugen, die der Streckenkurs bot. Gesund ankommen war die Devise, die Zeit war nicht mehr wichtig. Afrikanische Läufer, die 2 Stunden nach uns gestartet waren, „flogen“ dann an uns vorbei. Cosmas Lagat aus Kenia sollte nach 2h9m als erster die Ziellinie überqueren; unglaublich bei diesen Bedingungen. Viele Kilometer liefen wir durch sehr arme Viertel. Vor allem die Kinder die, soweit ich es beurteilen konnte, ohne oder mit zerrissener Kleidung und ausgehungert am Straßenrand standen, produzierten Bilder, die ich nie vergessen werde. Sehr traurig; Mumbai macht nachdenklich. Ich hatte noch ein paar Wasserflaschen im Rucksack und warf sie ihnen zu. Die Kinder taten mir leid, als ich sah, dass sie zu mehreren um diese Flaschen kämpften. An den Verpflegungsstellen gab es kalte Schwämme, die waren natürlich super. Ich nutzte sie jedoch primär, um mir damit die Augen auszuwischen, die alle 5-6km „brannten“. Die Mischung aus Schweiß und Staub war auch für mich neu. Bei KM31 gab es noch eine ordentliche Bergetappe. Der Berg tat richtig weh. Die Luft wurde bis zum Ziel nicht besser, es wurde immer heißer; aber ich hatte mich in der Zwischenzeit daran gewöhnt. 200m vor dem Ziel entschied ich mich zu gehen, um nochmal in Ruhe auf das Rennen zurückzublicken, um sich nochmal kurz zu vergegenwärtigen, wo man eigentlich gerade war; um nochmal kurz Danke zu sagen, dass dieses Laufabenteuer möglich war. Nach 4h7min erreichte ich glücklich das Ziel und erhielt eine sehr schöne Medaille zur Erinnerung. Am nächsten Tag ging es dann bereits wieder zurück in die Heimat. Was bleibt, sind unvergessliche Eindrücke, für die der Marathon eine perfekte Bühne bot.“

Tobias Schulte
vor dem „Gateway of India

Die nächsten Marathonläufe auf dem Weg zum 100. Marathon sind auch schon geplant. „Hamburg wird der 92., Liverpool der 93. Ich werde noch ein letztes Mal in Dubai, dann noch in Auckland, Kapstadt und Shanghai laufen. Dann bleiben noch 2 bis zum großen Finale in Hannover. Dort lief ich meinen ersten Marathon in 3h45m, ich habe sogar noch das Trikot von damals, das ich dann wieder tragen werde.“